Erfolgsfaktor Baukultur

Der Verein Beobachter für Wettbewerbe und Ausschreibungen BWA Glarus-Graubünden hat kürzlich einen öffentlichen Anlass zum Thema der Vorteile und Chancen von qualitätssichernden Verfahren der Planungsbeschaffung für Aufträge im Bereich Architektur-, Ingenieurwesen und Freiraum durchgeführt.

Marc Steiner, Richter am Bundesverwaltungsgericht, erläuterte den Paradigmenwechsel im öffentlichen Beschaffungswesen. Im Zentrum der neuen Beschaffungsvorschriften stehen Qualitäts-, Nachhaltigkeits- und Innovationsaspekte.

Die Gesetze bezwecken neu nicht nur den wirtschaftlichen, sondern auch den volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel und legen bei der Förderung des wirksamen Wettbewerbs besonderen Wert auf Massnahmen gegen unzulässige Wettbewerbsabreden und Korruption.

Der neue Qualitätsfokus wurde durch erste Urteile des Bundesgerichtes und des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt.

«Im Kanton Glarus herrscht ein grösseres Bewusstsein für eine hohe Baukultur» lautet eines der Legislaturziele des Kantons Glarus. Andrea Wittwer Joss, Kantonsarchitektin ist überzeugt, dass eine hohe Baukultur allen Menschen dient. Jede Person hat zumindest ein Bauchgefühl bezüglich Ihrer Lebensumgebung. Auf Basis der Erklärung von Davos, und dem anschliessend in der Schweiz erarbeiteten Qualitätssystem für Baukultur, lancierte sie einen runden Tisch «Baukultur Kanton Glarus», um im Dialog mit der Bevölkerung zu definieren, welche Kriterien bei Verfahren und Prozessen zu berücksichtigen sind, damit eine hohe Baukultur entstehen kann.

Der Bündner Kantonsbaumeister Andreas Kohne, illustrierte die Suche nach qualitativ hochwertigen Lösungen am Beispiel des offenen Projektwettbewerbs Zivilschutzzentrum Meiersboden. Er zeigte auf, dass die Auswahl aus verschiedenen Lösungsmöglichkeiten für eine klar definierte Aufgabe sehr hilfreich für die Evaluation des vorteilhaftesten Projektes war. Im Wettbewerbsprogramm waren umfassende Zielsetzungen der Bauherrschaft in Sachen Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit bezogen auf den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes definiert. Mit dem siegreichen, von jungen engagierten Architekten geleiteten Generalplanerteam hat der Kanton sehr gute Erfahrungen gemacht.

Dass ein offener Projektwettbewerb auf Stufe Gemeinde «Qualität und Sicherheit bewirken kann», zeigt Monika Ribi Bichsel am Beispiel Erweiterung Primarschule im kleinen Dorf Mammern am Bodensee auf.

Durch eine sorgfältige Vorbereitung des Verfahrens mit einer Machbarkeitsstudie und die transparente Information konnte die Bevölkerung in die Überlegungen zur Platzierung der notwendigen Schulerweiterung einbezogen werden. Als besonders wichtig schätzte Frau Ribi Bichsel die Begleitung der Gemeinde im gesamten Prozess durch einen versierten Architekten ein. Die Ausstellung des Projektwettbewerbes ermöglichte der Bevölkerung, sich ein umfassendes Bild über die eingereichten Projektvorschläge anhand von Plänen und Modellen zu machen. Auch für die Schulklassen war die Wettbewerbsausstellung geöffnet und die Schülerinnen und Schüler konnten diskutieren, ob ihrer Meinung nach das richtige Projekt ausgewählt worden war.

An der anschliessenden von Romana Costa moderierten Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass der Grundstein für eine hohe und allseits akzeptierte Baukultur in der Anwendung von qualitätssichernden Verfahren der Planungsbeschaffung liegt. In der Frühphase von Bauprojekten ist die Hebelwirkung sorgfältiger Planungen für den gesamten Lebenszyklus des Projektes am grössten.

Wenn auf der Basis qualitätssichernder Verfahren die Diskussion über die Gestaltung des Lebensraums anhand konkreter Bauprojekte auch auf dem Schulhausplatz geführt wird, kann Baukultur zum Erfolgsfaktor werden.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Podiums (v.l.n.r. Andrea Wittwer Joss, Andreas Kohne, Romana Costa, Monika Ribi Bichsel, Marc Steiner)